IM FLUSS UND auf dem RAd über Berge und durch jedes Tal…

Ich erinnere mich noch sehr genau an eine Wanderung in der wunderschönen Pfalz mit Freunden im Herbst 2022, denn kurz davor haben mich noch Freunde aus Berlin kontaktiert. Diese waren gerade auf dem Weg zurück von Italien und die beiden wollten einen Zwischenstopp bei mir einlegen, wofür ich grundsätzlich immer gleich Feuer und Flamme bin. Also ham wir kurzerhand gleich alle eingepackt und sind voller Vorfreude in die Pfalz gefahren. Die Stimmung war leicht, die Sonne am Himmel und alle waren in Wanderstimmung.

Die Wanderung war natürlich richtig toll, viel spannender war aber tatsächlich der Gesprächsstoff. Irgendwie sind wir im Laufe unserer Gespräche auf das Thema Radtour gekommen und da hat meine innere „Bucket List“ gleich heftig reagiert. Der Gedanke und Wunsch nach einer mehrtätigen Fahrradtour liegt schon länger in meinem Kopf, für die Umsetzung war ich bis Dato wohl wahrscheinlich einfach zu faul oder mir hat einfach der Missing Link gefehlt, eben Freunde die da auch richtig Bock drauf haben. So hat sich herausgestellt, dass meine Freunde aus Berlin für Mai 2023 eine Fahrradtour von München über die Alpen bis nach Venedig anvisiert haben. Da musste ich nicht einmal drüber nachdenken, wie geil, let´s ride to Venezia!

Am 22. Mai 2023 ging’s dann auch bereits ab auf die Räder, wohlgemerkt, mein Bruder und ich viel zu gut ausgerüstet. Die Truppe war und ist der absolute Hammer und bestand aus vielen verschiedenen Charakteren, die echt gut miteinander harmoniert haben. Alle drei Zweiergruppen sind separat voneinander von München aus gestartet und wir haben uns dann an unserem ersten Etappenziel getroffen. Von da an ging es hoch und runter, an wunderschönen Flüssen und Seen entlang, zwischen Regen und gefühlter Wüstentemperatur, zwischen Natur und wunderschönen Dörfern. Es wurde geflucht und gelacht, gefeiert und getrunken, aber allen voran war alles unendlich leicht.

Die saat IM KOPF gesäht

Diese ganze Tour und dieses besondere Abenteuer hat mich so sehr in den Bann gezogen, dass die Zahnräder in meinem Kopf fast ununterbrochen gearbeitet haben. Immer wieder habe ich an diesen kurzen Impuls, einfach nach Sizilien zu fahren, denken müssen. Wieso eigentlich nicht? Obwohl ich in den Monaten danach ganz andere Prioritäten hatte, wurde selbst der zentrale extrastriäre Cortex aktiviert. Kurzum ich fing sogar an davon zu träumen. Also hab ich mir ein überdimensioniertes Blatt Papier organisiert und gebrainstormed bis die Synapsen platzen.

Gleichzeitig habe ich mich in Therapie befunden und konnte durch die zweiwöchentlich stattfindenden Sitzungen noch mehr Klarheit in die vielen verschiedenen Optionen bringen. Besser gesagt konnte ich dadurch einen „Fahrplan“ für mich austüfteln, für den ich sehr gerne in die Pedalen drücken wollen würde. Dieser „Fahrplan“ bestand aus einer kleiner Menge, sehr großer Entscheidungen für mich. Entscheidungen, die meine aktuelle Lebenssituation deutlich verändern würden und auf Unzufriedenheit und innerer Leere beruhten.

Konkreter bedeutete das für mich, dass ich aus meiner frisch renovierten Wohnung wieder ausziehen würde. Dass ich meinen aktuelle gut gezahlte und sehr wertgeschätzte Position aufgeben würde. Dass ich alles loslasse, was mir eine zeitlang so wichtig erschien. Alles mit dem Bewusstsein, dass ich nur mutiger aus der Entscheidung hervorgehen kann. Wohlgemerkt habe ich mich auch gut auf diese Entscheidung vorbereitet und nicht einfach ins Blaue geschossen, so dass ich mich damit auch 100% identifizieren kann.

MUT FÖRDERt neuen MUT

Nachdem ich meine Kündigung eingereicht habe und auch schon neue Mieter für meine Wohnung hatte, habe ich klassisch Bewerbungen geschrieben. Diesmal allerdings auch für den sozialen Bereich, da das ein Bereich ist, den ich schon länger mal ausprobieren wollte. Mir wurde während des Schreibens klar, dass ich einfach nicht in einen klassischen Bürojob zurück will und die Idee von der Fahrradreise wandelte sich immer mehr von einem „Urlaub“ zu einem kleinen Herzensprojekt. 

Selbstverständlich habe ich schon von Anfang an ein Sinn und er Reise für mich selbst gesehen, ich wollte die Reise aber nun auch nutzen, um etwas Gutes zu tun. Um auf ein Thema aufmerksam zu machen. Hier schließt sich dann auch der Kreis. Ich hab mich nämlich aufgrund meiner eigenen Mobbingerfahrungen erneut in Therapie begeben. Diesmal allerdings um das für mich schwierigste Thema und wohl eins der größten Tabuthemen anzugehen. Suizidale Gedanken. So wurde dann auch die Radreise am Ende zu allerersten Priorität.

Kurzer Exkurs: Wenn man als Jugendlicher gemobbt wird, kann das viele verschiedene und in wenigen Fällen auch keine Folgen haben. Jedoch ist weitgehend bekannt, dass durch andauerndes Mobbing vor allem psychische Nachwirkungen bis ins späte Erwachsenenalter entstehen können. Essstörungen, Selbstverletzung, Depressionen bis hin zum Suizid können zum Beispiel folgen von Mobbing sein. Das gilt übrigens nicht nur für Mobbingopfer, sondern auch für Täter und Zuschauer. Das Grausame am Mobbing, jedenfalls aus meiner Sicht, ist die Einsamkeit. Man hat das Gefühl ganz allein dazustehen, traut sich aus Scham nicht mit den Eltern zu reden und versucht die Erlebnisse irgendwie für sich selbst zu verarbeiten. Für mich war es Metal- und Hardcore-Musik, erst schwarze Haare, dann Irokesen und am Ende Rebellion gegen am besten alles. Manchen gelingt die Verarbeitung gut, manchen wie mir, weniger. Ich weiß noch dass ich damals ständig das Wort „suicide“ auf meine Blöcke gekritzelt habe, da es eine der Dinge war, an die ich sehr oft gedacht habe. Aus heutiger Sicht verstehe ich die Tendenz zum suizidalen Denken, denn man fühlt sich als Individuum ausgeschlossen und das gleicht dem Tod (auch aus evolutionärer Sicht). Neben diesem Gedankengut, habe ich auch eine Essstörung entwickelt (vor allem um die „Kontrolle“ zurückzuerlangen), mir damals die Arme aufgeschnitten und immer wieder depressionsartige Phasen. Das hat einem kontinuierlichen Kampf geglichen, nur dass das Gegenüber mein eigenes Spiegelbild war.

Let´s ride

Während die Radreise damit zu meiner Priorität wurde, setze ich mich intensiv damit auseinander, wohin es danach gehen könnte. Wohin das genau sein wird, das kann und möchte ich aktuell noch gar nicht definieren, denn wer weiß, was auf der Radreise noch alles auf mich zukommen wird. Nachdem ich zwei Jahre in einem sicheren Jobumfeld war, freue ich mich nun wieder auf das Ungewisse, auf das kalte Wasser (ich bin leidenschaftlicher Warmduscher^^) und all die wunderschönen Kleinigkeiten, die mir dabei begegnen.

Mit der Reise verbinde ich also meinen eigenen kleinen Traum mit einer Initiative, die mir das Herz wärmt. Dazu unterstütze ich mit euch den Verein „Zeichen gegen Mobbing“, der fantastische Arbeit in der Mobbingprävention leistet und sich für mobbingfreie Schulen einsetzen. Jeder einzelne Penny geht direkt auf ein extra vom Verein eingerichtetes Spendenkonto, so dass man am Ende auch einsehen kann, wie viel über diese Initiative zusammen gekommen ist. 

Let’s ride!

Liebe und Respekt,

Kevin

P.S.: Tausend Dank liebe Celina für den geilen Wheelie Dragon! <3

P.S. nicht vergessen ->


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